Gedanken zum desolaten Finanzhaushalt der Stadt Sangerhausen

von Bert Mrozik

Oberbürgermeister Poschmann und Verwaltung haben keinen "Plan"

Den Stadtratsmitgliedern liegen auf 250 doppelseitig bedruckten Papier (Haushalt) ein Zahlenmaterial von Einnahmen und Ausgaben vor, mal betrachtet durch die Brille der Kameralistik und mal durch die der Doppik.

Die Transparenz ist erschlagend, was fehlt ist eine unternehmerische Bewertung, die Kommentierungen, das Abwägen von Einflussfaktoren. Es fehlt eine Managementbewertung durch die Stadtverwaltung, ihre Sichtweise, ihre Empfehlungen. Das erschlagende Zahlenmaterial kann eine Managementempfehlung nicht ersetzen, von einer qualifizierten Finanzvorlage über den Haushalt 2015 bis 2019 ist die Stadtverwaltung weit entfernt.

Die wichtigste Frage ist jedoch, welche Entwicklungsperspektive verfolgt die Stadtverwaltung mit diesem Finanzplan für die Stadt Sangerhausen und ihre 14 Ortsteile?

  • Ist das die Perspektive „o.k. wir sparen uns in 5 Jahren in die schwarze Zahl hinein, um anschließend mehr Handlungsspielraum gewinnen zu können“ oder

  • ist das die Perspektive „die Spirale führt uns weiter nach unten, wir bitten die Stadtratsmitglieder um Zustimmung“.

 

Nach Sichtweise der Bürgerinitiative Ortsteile Sangerhausen verfolgt die Stadtverwaltung und der OBM mit dem Finanzplan 2015 und den Fortschreibungen bis 2019 keine Strategie, sie ist konzeptlos

 

  • wie die großen Ausgabenblöcke ernsthaft reduziert werden sollen

  • wie viel Verwaltungspersonal bei kleiner werdenden Bürgerschaft zwingend vorzuhalten ist

  • wie viel für freiwillige Aufgaben geplant werden

  • wie mit „heiligen Kühen“, wie die Kreisumlage und andere umzugehen ist?

 

Dem vorliegenden Haushaltsentwurf fehlt u.E. diese strategische Dimension, das ist ein Finanzhaushalt mit dem die Stadt Sangerhausen weiter mit dem Rücken an der Wand steht. Veränderungen sind nicht in Sicht, der Finanzhaushalt prognostiziert, die Schere wird weiter auseinandergehen.

 

Der Verlust an strategischer Sicht wird ergänzt durch den Verlust an Führung. Wer führt eigentlich inhaltlich den Finanzhaushalt, wer treibt die Themen?

Von einer kommunalen Selbstverwaltung sind wir weit entfernt, denn Stadtrat und Stadtverwaltung werden durch die Kommunalaufsicht geführt. Das ist der „stille Treiber“ des Finanzhaushaltes, denn die Kommunalaufsichtsbehörde schreibt vor,

die Realsteuerhebesätze zu erhöhen,

die Zweitwohnungssteuer zu erlassen,

Maßnahmen der Haushaltskonsolidierung zu beschließen usw.

Die Liste lässt sich beliebig ergänzen.

Die Stadtverwaltung wird „fremdgesteuert“, hat ihre kommunale Selbstständigkeit längst verloren. Und der Stadtrat ist ohnmächtig, instrumentalisiert als demokratisches Anhängsel der Kommunalaufsicht.

Seit 14 Jahren versucht die Stadtverwaltung und ihr damaliger Kämmerer und heutiger OBM den Verwaltungshaushalt auszugleichen, strukturelle Fehlbeträge abzubauen und den kumulierten Fehlbetrag zu reduzieren. Jährlich wurde beteuert, im nächsten Jahr keinen strukturellen Fehlbedarf entstehen zu lassen.

Die Stadtverwaltung ist ein Meister, um Hoffnungen zu verschieben, denn heute steht die Stadt Sangerhausen vor dem größten Schuldenberg, den sie je hatte.

Die Prognose bis 2019 lautet, „haltet Euch fest, es wird noch schlimmer, die Spirale führt uns nach unten“. Wir werden in den nächsten Jahren die 41 Mio-Marke erreichen und überschreiten. Ein neues Griechenland ist im Entstehen.

Vor diesem Hintergrund – und daran werden wir immer wieder erinnern – ist es abenteuerlich, für den Kauf des neuen Rathauses ein Kredit von 6,32 Mio. € aufzunehmen, obwohl wir wissen, dass das neue Rathaus erst in 26 Jahren eine schwarze Null schreiben kann.

Diese Situation haben die Stadtverwaltung und der OBM zu verantworten.

Der Stadtrat, seine Fraktionen wurden aufgefordert, Vorschläge über den Haushaltsplan 2015 zu machen. Die BOS-Fraktion hat in einem Schreiben an den Kämmerer über 10 Änderungsvorschläge eingebracht. Wir wollen damit auch ein Zeichen setzen, dass wir

bei aller Kritik an der Konzeptlosigkeit des vorliegenden Entwurfes,

bei aller Kritik an der Fremdsteuerung durch die Kommunalaufsicht

Verantwortung für Sangerhausen und ihre 14 Ortsteile übernehmen. Und weil wir diese Verantwortung ernst nehmen, machen wir heute einen noch weitergehenden Vorschlag.

Den wachsenden Kosten stehen seit Jahren schwächelnde Einnahmen gegenüber. Hoffnungen über ein Einnahme-Wachstum aus dem seit 2007 angekündigten Industriepark haben wir nicht. Wir brauchen einen neuen Denkansatz, um die Einnahme-Seite zu verbessern und schlagen die Bildung eines „Zukunftsfond“ vor, ähnlich wie der des Landkreises. Inhaltlich könnten die Einnahmen aus dem Verkauf von städtischem Eigentum in den Zukunftsfond einfließen. Darüber muss man diskutieren, ob das die Städtische Wohngesellschaft sein kann oder das Rosarium einschließlich der Rosenstadt Sangerhausen GmbH und andere. Wir wollen Verantwortung übernehmen, wissen aber, dass mit diesem Finanzhaushalt die Stadt Sangerhausen keine Perspektive hat.

Dennoch, wir wollen verlorengegangen Handlungsspielraum wieder erlangen und stimmen dem Finanzhaushalt 2015 zu.

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