Offener Brief von Frau Scheffel Fraktionsmitglied

von Gerhard Schultz

Offener Brief an die Stadt- und Gemeinderäte der Stadt Sangerhausen und der Gemeinden Allstedt, Südharz und Goldene Aue.

Sehr geehrte Mitglieder der Stadt- und Gemeinderäte der Stadt Sangerhausen und der Gemeinden Allstedt, Südharz und Goldene Aue,
der Abschluss der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst vom April hat zu einer Lohnerhöhung von 6,3 Prozent geführt. Die stufenweise Anhebung wird die ohnehin chronische Unterdeckung der Kommunalhaushalte weiter deutlich belasten. Für die Stadt Sangerhausen sind zusätzliche Mittel von ca. 500.000€ jährlich, für die Gemeinde Rossla von 126.000€ zu planen. Ähnlich trifft das auf die Gemeinden Goldene Aue und Allstedt zu. Ein Ende ist nicht in Sicht, denn das Innenministerium wird vor dem Hintergrund einer Gleichbehandlung zwischen Angestellten und Beamten, den Zuschlag auch den Beamten gewähren müssen.

So wie es aussieht, reagieren die Gemeinden unterschiedlich auf die Mehrbelastungen. Der Bürgermeister von Allstedt beabsichtigt fehlende Mittel durch Budget-Reduzierungen der Vereinsarbeit zu gewinnen, die Gemeinde Rossla plant die Mittel für die ehrenamtlichen Ortsbürgermeister um 50 Prozent zu reduzieren usw.. Zu erkennen ist, dass dort versucht wird den Rotstift anzusetzen, wo der Widerstand am geringsten zu erwarten ist.

Im Hintergrund läuft aber eine ganz andere Entwicklung ab, die für die meisten Bürger unbemerkbar ist, deren Auswirkungen auf die Haushaltslage der Gemeinden viel gravierender sein wird, als die der Tariferhöhung. Das ist der demografische Wandel. Die Bertelsmann-Stiftung hat in Ihrem Bericht vom Oktober 2011 hingewiesen, dass der demografische Wandel im Landkreis MSH zu einem Bevölkerungsrückgang bis zu 27 Prozent führt, im Einzelfall wie in der Gemeinde Südharz wird der Bevölkerungsrückgang bei 29 Prozent liegen.

Auf diese Wandel haben sich die Gemeinden - weder konzeptionell noch praktisch - noch nicht eingestellt. Zum Beispiel die Gemeinde Südharz, die sich mitten im demografischen Wandel befindet und überdurchschnittlich schrumpft und zwar von 10.563 im Jahr 2008 auf 7.568 Bürger im Jahr 2025. Betriebswirtschaftlich ist diese Entwicklung mit einem Nachfragerückgang von 29 Prozent gleichzusetzen. Die Folgen sind u.a. rückgängige Steuereinnahmen und geringere Kaufkraft. Würden die Gemeinden wie ein mittelständiges Unternehmen arbeiten, müssten personalseitig als auch bei den Sachausgaben gekürzt werden. Anderenfalls droht die Insolvenz.

Der größte Kostenblock im kommunalen Haushalt sind die Personalkosten vor allem für die hauptamtlich bezahlten Beamten und Angestellte. Irgendwelche Rückbaupläne gibt es nicht und zu recht schätzt das Gutachten der Landesregierung Sachsen-Anhalts ein: Die Gemeinden geben viel zu viel Geld für Personal aus. Irgendwie kann das Verhalten der Hauptamtlichen verstanden werden, denn wer sägt schon den Ast ab, auf dem er sicher sitzt.

Die Kommunale Verantwortung liegt bei den Kommunen und damit bei den gewählten Stadt- und Gemeinderäten. Ich möchte deshalb Ihre Aufmerksamkeit auf folgende Perspektiven lenken.

Würden heute keine Maßnahmen eingeleitet, um die Auswirkungen des demografischen Wandels zu meistern, würden gleiche kommunale Leistungen mit mehr Budget für eine reduzierte Bevölkerungszahl erbracht werden. Die Konsequenzen wären, dass die Steuerschraube nach oben gedreht werden müsste z.B. durch die Anhebung der Grund- und Erwerbssteuer und die geplante Zweitwohnungssteuer. Die Kommune müsste den Kostenblock „Bezüge und Nebenkosten“ auf die Bürger abwälzen, die Leistungen der Kommune würden zu kostenintensiv erbracht, der kommunale Kostendruck je Bürger würde unverhältnismäßig ansteigen. Das kann nicht im Interesse der Bürgerverantwortung liegen, die wir als Mandatsträger zu verantworten haben.

Verantwortung für die Kommune zu tragen, d.h. die „Bezüge und Nebenkosten“ jahresbezogen zu reduzieren, bis 2025 um mindestens um 30 Prozent. Das Ehrenamt ist stärker zur Lösung kommunaler Aufgaben vor Ort einzusetzen. Denn das Ehrenamt würde das Gemeinwesen im Gleichgewicht halten. Zum anderen sollten die Gemeinden Maßnahmenpakete erarbeiten, wie das Hauptamt rückzubauen ist und wie hauptamtliche Leistungen durch das Ehrenamt zu kompensieren sind.

Sehr geehrte Stadt- und Gemeinderäte, wir denken, dass es notwendig ist, die Zukunft unserer Gemeinden finanziell zu sichern. Bitte tragen Sie dazu bei, dass die Finanzstrukturen stärker dem demografischen Wandel angepasst werden und die nächste Tarifanpassung spätestens 2015 bezahlbar bleibt.

Mit freundlichen Grüßen

Katrin Scheffel
Sprecherin Kreisverband Mansfeld-Südharz e.V
Stadträtin Sangerhausen, Fraktion Bürgerinitiative Ortsteile Sangerhausen

 

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