Sangerhausen und Ortsteile Bürgermeister sind unzufrieden

von Gerhard Schultz

Mitteldeutsche Zeitung berichtete

Sangerhausen -

Vor etwas mehr als zehn Jahren wurden 13 der 14 neuen Ortsteile in die Stadt Sangerhausen eingemeindet. Wippra kam 2008 dazu. Mit der erhöhten Einwohnerzahl konnte der Status als Kreisstadt gehalten werden. Nach dem einen Jahrzehnt sind die Bürgermeister einer ganzen Reihe der eingemeindeten Orte aber nicht zufrieden mit der Zusammenarbeit im größeren Sangerhausen. Sie kritisieren vor allem eine mangelhafte Kommunikation mit der Stadtverwaltung und machen insbesondere Oberbürgermeister Ralf Poschmann (CDU) dafür verantwortlich.

Bürgermeisterstammtisch

Um die Kommunikation zwischen der Stadtverwaltung und den einzelnen Ortsteilen zu verbessern, haben Teilnehmer der Runde vorgeschlagen, einen  Bürgermeisterstammtisch einzuführen. Die Stadtratsfraktion der BOS will nun dazu einladen - auch den Oberbürgermeister, sagte Mrozik. Der Stammtisch soll dann etwa vierteljährlich tagen. Das erste Treffen ist für Donnerstag, den 7. April, vorgesehen. Beginn ist um 18 Uhr im „Rathskeller“ in Großleinungen. (fs)

„Obwohl in den Ortschaften insgesamt ein Drittel der Sangerhäuser lebt, ist es fast so, als werden wir nur als fünftes Rad am Wagen betrachtet“, sagt Großleinungens Ortsbürgermeister Bert Mrozik, der der Bürgerinitiative Ortsteile Sangerhausen (BOS) angehört. Vor wenigen Tagen hatte die BOS, die einen Teil der Ortsbürgermeister stellt, zu einem Erfahrungsaustausch unter den Ortsteilen eingeladen. Immerhin neun der 14 Ortsbürgermeister nahmen daran teil. Drei fehlten entschuldigt, heißt es aus Kreisen der Einlader. Im Nachgang hat der vierköpfige Sprecherkreis der BOS ein Papier erstellt, in dem die Probleme aus seiner Sicht konkret aufgelistet sind. Nachfolgend einige Beispiele:

Keine Investitionen für kleine Ortsteile

Das Handeln der Stadtführung lasse erkennen, dass insbesondere für die kleineren Ortsteile keine Investitionen mehr vorgesehen seien. Laut Mrozik wird dadurch die ohnehin schon ungünstige demografische Entwicklung in unverantwortlicher Weise beschleunigt. Es drohe „die Gefahr von Wüstungen“, sagt er. „ Dabei muss die Vielfalt unserer Stadt in der Fläche auch für die nachwachsende Generation erhalten werden.“ Die Ortsteilbürgermeister und auch die BOS würden sich dafür einsetzen, dass solche Wüstungen nicht entstehen. Die eigentlich abgesprochenen vierteljährlichen Zusammenkünfte zwischen dem OB und den Bürgermeistern der Ortschaften fänden bereits seit dem Jahr 2014 nicht mehr statt. Es würden stattdessen nur noch sporadisch Einzelgespräche zwischen Poschmann und den Ortsbürgermeistern durchgeführt. Die Ortsbürgermeister beklagen auch eine fehlende Außendarstellung der Einheitsgemeinde Sangerhausen. Nicht nur, dass der OB bisher das Jubiläum zehn Jahre Eingemeindung mit keinem Wort erwähnt habe, es gebe auch keine Außendarstellung des größeren Sangerhausens. Gerhard von Dehn Rotfelser, Stadtrat und Mitglied im BOS-Sprecherkreis, sagt, man habe mindestens zweimal angeregt, im Foyer des Neuen Rathaus das Sangerhäuser Stadtwappen und die 14 Ortsteilwappen anzubringen, um den Zusammenschluss und die große Einheitsgemeinde zu dokumentieren. Passiert sei bis heute nichts.

Anfragen teils gar nicht beantwortet

„Alle Briefe der BOS an den Oberbürgermeister wurden nicht beantwortet. Das ist kein Stil“, sagt Mrozik. Des Weiteren seien Anfragen aus den Ortschaftsräten gar nicht oder nur wenige Stunden vor der Ortschaftsratssitzung beantwortet worden. Des Weiteren ärgert die BOS, dass der Vorschlag aus dem Wettelröder Ortschaftsrat, einen Ortsteilkoordinator einzusetzen, von Poschmann im Dezember per Zeitungsartikel abgelehnt worden sei. Dabei sei dieser Koordinator unbedingt nötig, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Die Ortsbürgermeister hätten damit einen ständigen Ansprechpartner. „Wir bräuchten dafür nicht ein 17-köpfiges Organisationsteam wie für den Sachsen-Anhalt-Tag, eine Viertelstelle würde uns schon reichen“, sagt Mrozik. Bestätigt sehen sich die Oberbürgermeister vom Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept aus dem Jahr 2014. Darin werden neue Lösungen für die Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung und den Ortsteilen gefordert. „Es wird viel Geld von der Stadt für die Erstellung von Studien und Konzepten in die Hand genommen, aber es hapert an der Umsetzung der Ergebnisse“, heißt es in dem Papier. Die Stadtverwaltung wies gestern Nachmittag die Vorwürfe zurück: OB Poschmann erinnerte zum Beispiel daran, dass die Stadt in diesem Jahr mit der Erschließung des Gewerbegebietes für den Neubau der Mifa vor einer Rieseninvestition stehe. „Es gibt immer mal andere Schwerpunkte“, sagte Poschmann. „In diesem Jahr ist es die Mifa.“

Leaderprogramm sieht Investitionen vor

Generell versuche die Stadt, dort, wo es möglich ist, Fördermittel einzuwerben, um das wenige im Haushalt vorhandene Geld quasi zu vermehren. So seien zum Beispiel im Rahmen des sogenannten Leaderprogrammes Investitionen in den Ortsteilen vorgesehen. Poschmann verwies weiter darauf, dass sich die Ortsbürgermeister jederzeit bei ihm oder in den einzelnen Fachbereichen der Stadtverwaltung Termine holen könnten. „Ich weise niemanden ab. Außerdem sind die Ausschüsse des Stadtrates für Anfragen und Probleme da.“ Am vergangenen Donnerstag sei zum Beispiel eine Beratung zum Haushalt für dieses Jahr organisiert gewesen. „Sie war für die Ortsbürgermeister und die Ortschaftsräte gedacht. Am Ende waren fünf Leute da, darunter vier, die ohnehin in den Ausschüssen mitarbeiten“, sagte das Stadtoberhaupt.

Poschmann kündigte an, dass die Stadt an einer Lösung arbeite, Sangerhausen mit seinen Ortsteilen auch im Neuen Rathaus zu symbolisieren. Die Idee sei aber erst im Januar dieses Jahres an ihn herangetragen worden. „Wir suchen nach einer permanenten Variante. Das ganze muss am Ende auch vernünftig aussehen. Nur die Wappen auf eine Leinwand zu ziehen und aufzuhängen, das kann es nach meiner Meinung nicht sein“, sagte er. Poschmann will in der nächsten Stadtratssitzung am 17. März zu den Vorwürfen Stellung beziehen. (mz)

 

Zurück