Städtischer Bauhof ist auf Flächenstadt nicht eingestellt

von Gerhard Schultz

BOS lehnt politische Verantwortung ab

Die jetzige Struktur des städtischen Bauhofes ist durch eine Entscheidung des Oberbürgermeisters Ralf Poschmann (CDU) vom 18.04.2011 entstanden. Verfügt wurde, die Bauhofstützpunkte in den ländlichen Ortsteilen Riestedt,Gonna und Großleinungen aufzulösen und deren Technik und Personal
von 10 Mitarbeitern nach Sangerhausen zu verlagern. Begründet wurde die Entscheidung mit den Auflagen der Berufsgenossenschaft, die Bauhofmitarbeiter täglich in Sachen Arbeitsschutz unterweisen zu
müssen, außerdem könne eine effiziente Arbeitsweise nur zentral realisiert werden.

Sichtweise Kernstadt dominiert.

 Die Bürgerinitiative Ortsteile Sangerhausen hat von Beginn an dagegen protestiert und mit Verhandlungen begonnen. So wurde ein Gegenvorschlag auf der Stadtratssitzung am 7. Juli 2011 eingebracht.
Bereits damals war zu erkennen, dass sowohl bei den Parteien als auch der BIS die Sichtweise der Kernstadt dominiert. Der Gegenvorschlag fand keine Mehrheit. Danach startete die BOS einen Verhandlungsmarathon, entwickelte weitere Vorschläge der Arbeitsorganisation zwischen zentraler Steuerung und dezentralen
Einsatz, regte einen Ausschuss mit dem Ziel der Verbesserung der Arbeitsabläufe an und legte einen eigenen Maßnahmenkatalog vor. Das Bemühen reichte jedoch nicht aus: die Verhandlungen und der
gegründete Ausschuss blieben über Jahre ergebnislos. Die BOS kann die Ergebnislosigkeit politisch nicht mit verantworten und will Struktur und Arbeitsweise des Bauhofes in den Kommunalwahlen zum
Thema der Bürgerentscheidung machen.

Preis der Entscheidung ist zu teuer.

Die Kosten der neuen Struktur seit 2011 sind zu hoch, der durch den zentralen Einsatz von Personal und Technik erwartete Effekt höherer Wirtschaftlichkeit blieb aus, die Ortschaftbilder haben sich weiter
verschlechtert. Seit Jahren bleiben wichtige Pflege- und Reinigungsarbeiten in den ländlichen Ortsteilen und den Randgebieten der Stadt liegen bzw. werden nicht in dem notwendigen Umfang realisiert. Die täglichen Ausfallzeiten durch An- und Abfahrten der 10 Bauhofmitarbeiter aus den Ortsteilen zur Bauhofzentrale und zurück belaufen sich auf das Jahr gerechnet zwischen 30.000 und 56.000 €.
Zusätzlich fallen Fahrzeugkosten von rund 19.000 € p.a. an.

Misswirtschaft macht Bauhof nicht überlebensfähig.

Mit der Eingemeindung von 14 Ortsteilen hat sich die Fläche von Sangerhausen um das 5fache vergrößert. Der Bauhof hat seine Leistungen auf die Besonderheiten der neuen Flächenstadt noch nicht umgestellt,
eingeschlossen die Randgebiete der Kernstadt. Seit 2011 konnte die Stadtverwaltung keine Strukturen mit effizienter Arbeitsweise aufbauen.
Selbst nach 3 Jahren gibt es kein Grünflächenkataster für die Ortsteile, ein Leistungskatalog mit Vorgaben und Abrechnung derselben fehlt, eine Arbeitsorganisation zwischen zentraler Leitung und dezentraler Leistungserbringung liegt nicht vor, der Bauhof reagiert ausschließlich als Auftragnehmer der Stadtverwaltung und nicht der Ortsbürgermeister. An Beispielen eines Auftragsdurchlaufes wird sichtbar, dass unnötige Schnittstellen eingebaut sind, die eine
Auftragsbearbeitung zum Nachteil der Bürger verlängern.

Wäre der Bauhof ein Kriterium für das Zusammenwachsen zwischen Kernstadt und Ortsteilen“, so der Ortsbürgermeister Gonna, Jürgen Telle, „dann liegt noch ein sehr weiter Weg vor uns.“ „Die Ortskenntnis der Bürgermeister, das ehrenamtliches Engagement von Bürgern und Vereinen bleibt bei der jetzigen Struktur außen vor, diese Reserven zur Verbesserung des Ortschaftbildes werden nicht genutzt“, so
Telle.
Helmut Schmidt, Ortsteilbürgermeister Riestedt, schätzt ein, „der Bauhof als marktwirtschaftliches Unternehmen wäre keine 2 Monate überlebensfähig“. Nachwievor fehlt eine Übersicht über
Maschinen, Ausrüstungen, ihre Altersstruktur, den technischen Zustand und deren Auslastung. Es gibt keine planmäßige Instandsetzung, überalterte und  defekte Technik wird nicht erneuert, ausgesondert oder zum Verkauf angeboten wird. Es wundert nicht, dass durch diese Misswirtschaft die Instandsetzungskosten
jährlich gestiegen sind (2007-133 T€,  2008-154 T€,  2009-181 T€, 2010-186 T€,  2011-191 T€,  2012-164 T€).  

Ähnlich sieht das Bild im Personalbereich aus. Liegt der Krankenstand in Deutschland 2012 bei durchschnittlich 3,6%, so übertrifft der Bauhof mit 8,61% den Wert über das Doppelte. Das entspricht immerhin 3,67 Arbeitskräften von den 50 Beschäftigten, die jährlich nicht zur Verfügung stehen. Eine für ein marktwirtschaftliches Unternehmen übliche Analyse der Ursachen fehlt, ebenso ein aktuelles
Personalentwicklungskonzept.

Jetzige Bauhofstruktur ist gescheitert.

Der Bauhof steht seit der Gebietsreform vor völlig neuen Herausforderungen. Zum einen, durch die massive Eingemeindung von 14 Ortsteilen hat sich die Fläche für Bauhofleistungen verfünffacht, der Oberbürgermeister reagierte darauf mit Abzug von Technik und Personal, statt diese Position zu stärken. Zum anderen, die Finanzsituation der Stadt Sangerhausen befindet sich in der Konsolidierung und der Bauhof muss nachdenken, wie sein Eigenbeitrag erhöht werden kann, wie das Verhältnis von Eigenleistungen und Fremdleistungen neu zu regeln ist, wie Wohnungsgesellschaften, Ehrenamtliche und Vereine in die Leistungserbringung einzubeziehen sind, wie der Verwaltungsaufwand durch kurze Entscheidungswege reduziert werden kann. Zwingend notwendig ist, die Position der Ortschafträte zu stärken und die Verbindung zu den Bürgern in den Ortsteilen für die Umsetzung von Bauhofleistungen zu nutzen. Mit der jetzigen Bauhofstruktur ist das nicht möglich, sie ist gescheitert und muss korrigiert werden.

Ausschuss Bauhof arbeitet ergebnislos.
Die BOS hat dem Oberbürgermeister Ralf Poschmann (CDU) und dem stadteigenen Management Torsten Schweiger (CDU, Leiter Fachbereich Stadtentwicklung und Bauen), Norbert Semrau (CDU, Leiter Fachdienst
Bauhof) die Einrichtung des Arbeitsausschusses „Regiebetrieb Bauhof“ vorgeschlagen. Am 01.07.2012 fand die erste Sitzung statt,bis Oktober 2013 tagte der Ausschuss 6mal und protokollierte auf 50
Din A4-seiten. Die Umsetzungsempfehlungen der BOS sind auf einer Klausurtagung des Stadtrates im März 2013 bestätigt. Dennoch, nach fast 18 Monaten hat sich der Ausschuss um keinen Millimeter bewegt.
Das Fazit ist protokollierte Ergebnislosigkeit. Volker Kinne, Stadtrat Grillenberg, hat die BOS im Arbeitsausschuss vertreten und meint „jeder einzelne Schritt für die Ortsteile müssen wir gegen
den Widerstand von Kernstadtinteressen und die der Stadtverwaltung
durchsetzen.“

Bert Mrozik, Fraktionsvorsitzender der BOS und Ortsteilbürgermeister von Großleinungen, weiß um die Nöte der ländlichen Ortsteile und der Randgebiete der Stadt Sangerhausen und sagt, „wir können das
unseren Leuten in den Dörfern und den städtischen Randgebieten nicht erklären, dass wir Misswirtschaft und Ergebnislosigkeit politisch unterstützen. Deshalb setzen wir ein Zeichen und sagen,
mit uns nicht!“

 

  

 

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